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Fremd sein

2020

Fremd sein – Was ist das?

Die Stunde Null hat es niemals gegeben. Die Erinnerungskultur in Deutschland ist lückenhaft und ja, es gibt Rassismus, Antisemitismus, Antifeminismus in Deutschland. Auch wenn es dieses Land oft nicht wahrhaben möchte und von „Einzeltätern“ spricht oder die Meinung vertritt, dass man jetzt auch nicht direkt alles persönlich nehmen solle. Man dürfe doch wohl noch einen Scherz machen. Wie soll man mit solchen Aussagen umgehen? Wie sich verhalten, wenn Diskriminierung einem im Alltag begegnet?

Das Projekt „Fremd sein – Was ist das?“ vom Bundesverband Information & Beratung für NS-Verfolgte e.V. in Kooperation mit der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule Leverkusen beschäftigt sich mit diesen Fragen und stärkt Jugendliche im Umgang mit Diskriminierung. Gemeinsam mit Donya Pentetska und Peter Finkelgruen, zwei Überlebende der nationalsozialistischen Verfolgung, erarbeiten die Jugendlichen eine Theaterperformance, die sich mit Lebensszenen der beiden Überlebenden beschäftigt. Nationalsozialismus, Holocaust – Geschichten der Vergangenheit, die nicht in Vergessenheit geraten dürfen. Zu einfach war das Weltbild der Nazis: Gut und Böse, Schwarz und Weiß, Drinnen und Draußen. Aber die Verbreitung dieser einfachen Weltsicht ist nicht mit dem NS-Regime untergegangen. Nein. Sie überlebte, überdauert und Rechtspopulisten, Rechtsextremisten grölen sie wieder laut über den Marktplatz oder – leider auch – im Bundestag.

„Ich muss mir oft anhören, dass ich „für eine Schwarze hübsch sei““, erzählt die Schülerin Hornela. „Ich bin sprachlos, wenn Menschen Dinge sagen wie, ich bin vorhin an einem Flüchtlingsheim vorbeigegangen, zu schade, dass ich keine Bombe dabeihatte.“, berichtet die Schülerin Lisa. Wie umgehen mit solchen Äußerungen? Erneut schweigen? Nein. „Fremd sein – Was ist das?“ schärft das Bewusstsein der Jugendlichen fremdenfeindliche Aussagen zu erkennen und zu reagieren. „Meist reicht es schon mit einer lauteren Stimme zu sagen: „Sie wissen schon, dass das, was Sie sagen rassistisch ist.““, sagt Lisa. Und da diese Botschaft so wichtig ist und niemand von uns die Taten der deutschen Gesellschaft vergessen darf, tritt „Fremd sein – Was ist das?“ hinaus an die Öffentlichkeit. Neben der Theaterperformance erstellen die Jugendlichen und die ZeitzeugInnen Videos mit Donyas und Peters Lebenserinnerungen.

Darüber hinaus schreiben die Schüler*innen Blogbeiträge und produzieren Podcasts, in denen sie ihre persönlichen Gedanken zum Projektthema reflektieren. Diese Beiträge werden über die Instagram- und Facebook-Seiten des Bundesverbands Information & Beratung für NS-Verfolgte geteilt, um dadurch eine möglichst breite Öffentlichkeit mit diesen Themen zu konfrontieren.

„Denn Ihr müsst wissen, jeder von euch ist seine eigene Visitenkarte, also ist es wichtig, wie Ihr euch eurem Gegenüber präsentiert und Eurem Ruf nicht schadet“, sagt der Schüler Yassir. Und Lisa fügt hinzu: „Ich glaube, meine Message ist, dass jeder jeden so leben lassen soll, wie dieser es möchte.“

Also lasst uns laut gegenüber Nazis werden! Bunt, offen und tolerant sein. Mit Nachdruck fügt Donya hinzu: „Die Liebe ist allgegenwärtig. Man sollte in Frieden zusammenleben, egal welche Religion oder Hautfarbe.“ Dem schließen wir uns an. Am Ende sind wir alle Mensch.

Aktion Mensch e.V.
LAG

Das Projekt wurde in Kooperation mit der Käthe Kollwitz Gesamtschule Leverkusen und Stadt Köln durchgeführt und von der Aktion Mensch, der Dr. Franz Stüsser Stiftung, der Rhein Energie Stiftung und der Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultureller Zentren NRW e.V. gefördert.