— Kannst du von dem Tag berichten, als du von zu Hause weggegangen bist?
— Ich kam am 1. April aus dem Gefängnis. Das war 2012. Es war in der Nacht. Ich ging nach Hause. Nach einigen Tagen, ich war gerade zu Besuch bei Verwandten, rief meine Mutter an. Sie sagte: „Hallo, einer vom Geheimdienst der Armee kam zu uns. Sie suchen nach dir. Tu‘ etwas, und komm‘ nicht nach Hause!“ Das war glaube ich am 9. April. Am 12. April nahm ich meinen Rucksack und fuhr illegal in den Süden Syriens.
Ich ging nach Jordanien. Ich überquerte die Grenze illegal, weil ich keinen Pass hatte. Ich hatte die Wahl, entweder in die Berge zu gehen und mich am Kampf gegen das Regime zu beteiligen, in den Libanon oder nach Jordanien zu gehen. Ich wollte in den Libanon, aber mein Bruder warnte mich: „Geh‘ nicht dort hin, Syrien und Libanon stehen auf derselben politischen Seite. Du wirst große Probleme bekommen. Jordanien ist viel sicherer.“ Deshalb ging ich nach Jordanien.
— Du warst im Gefängnis, hast du gesagt?
— Ich war einen Monat lang inhaftiert, wegen der Beteiligung an der politischen Bewegung. Sie kamen in unser Haus, nahmen mich, meinen Vater und fünf meiner Cousins mit. Wie bei einem Familienausflug gingen wir alle zusammen. Wir waren einen Monat dort, es war aber kein Gefängnis, sondern so etwas wie ein Haftzentrum für politische Gefangene.
— In Damaskus?
— Ja, in Damaskus. Wir haben vier Geheimdienste. Den militärischen, den der Luftwaffe, den normalen und den politischen. Das war der politische Geheimdienst.
— Wie hast du dich damit gefühlt, das Land zu verlassen? War die Entscheidung schwierig?
— Nein, sie war nicht schwierig. Es war keine Tragödie für mich, das Land zu verlassen, weil ich dachte, es sei nur für ein paar wenige Monate. Dann würde ich zurückkommen. Die Regierung wäre dann weg, gestürzt. Also, sagte ich mir, das ist die Gelegenheit für ein Abenteuer im Ausland. So nahm ich nur einen kleinen Rucksack und Geld im Wert von etwa 50, 60 Euro mit. Genug, denn Syrien ist wirklich billig. Ich hätte nie gedacht, dass Jordanien so teuer ist. Es ist doppelt so teuer wie Deutschland. Mit den rund 60 Euro bin ich also dort angekommen.
Mein Freund fragte mich: „Hast du Geld?“– „Natürlich habe ich Geld, ich habe 60 Euro.“ Er sagte: „Nimm das.“ – „Nein, nein…“ Ich verließ meinen Freund in Amman und besuchte meinen Cousin, der ebenfalls in Amman wohnte. Für das Taxi und für Zigaretten gab ich 20 Euro aus.
Ich dachte, die 60 Euro würden mir für einen Monat reichen. Am nächsten Tag war ich pleite. […]