Plötzlich jedoch, 1982, starb Donyas Mann im Alter von nur 49 Jahren. Von heute auf morgen kümmerte sich Donya allein um zwei Kinder. Es war eine traurige Zeit. „Ich konnte den Tod meines Mannes nie wirklich verkraften“, gesteht sie sich heute ein. „Ich bin dieser ersten Liebe treu geblieben.“
Emigration nach Deutschland
In den 1990er-Jahren arbeitete eine Tochter Donyas bereits als Lehrerin. Obwohl sie alle zusammenhielten, herrschte in der Familie Armut. Sie spürten die negativen Auswirkungen der Perestroika-Politik. Diese sollte das System modernisieren, brachte aber die ohnehin angeschlagene sowjetische Wirtschaft zum Kollaps (vgl. Schröder; Kluge). Im Jahr 1998 starb Donyas Mutter. Donya beantragte 1999 Ausreisepapiere und reiste im Jahr 2000 mit ihrer älteren Schwester, ihren Kindern und ihrem Enkelkind nach Deutschland aus.
Dort begann für sie alle ein neues Leben. Die damals 64-jährige Donya hat jedoch nie Deutsch gelernt, zu beschäftigt war sie mit der Pflege ihrer älteren Schwester und dem Haushalt der Familie. Heute ist Donya dankbar, vom deutschen Staat aufgenommen worden zu sein und unterstützt zu werden, obwohl sie selber nun nicht mehr arbeiten kann. Sie vertraut ihren Kindern sehr, die sie im Alltag unterstützen. Inzwischen ist Donya Urgroßmutter geworden.
Auch in ihrem hohen Alter verfolgt Donya das Geschehen in der Welt. Verfolgung, Flucht und Krieg sind ihr vertraute Themen. „Ich weiß aus eigener Erfahrung, was eine Bombardierung ist“, sagt sie. Ihre Sorge gilt dabei weniger sich selbst, als den jüngeren Generationen.
Die Fluchtbewegung nach Europa in den Jahren 2015 und 2016 erinnert sie an ihre eigene Situation in Dagestan, als die Einheimischen für Menschen in einer Notsituation Platz machten. Nur diesmal befindet sich Donya auf der anderen Seite des Geschehens.
Selbst nicht religiös, akzeptiert sie alle Religionen und Nationalitäten und hat Verständnis für Menschen, welche ihren Glauben vertreten. Doch sie hat absolut kein Verständnis für rechtsradikale Parteien. Zu sehr spiegeln deren Positionen die Gefahren des Antisemitismus wieder.
Donya singt im Chor der Kölner Synagogengemeinde und reist gerne. Zu Hause schaut sie gerne aus dem Fenster und betrachtet die Kinder, die unten auf der Straße spielen: „Da hat sich nicht viel geändert.“ Ob Kriegszeit, Nachkriegszeit oder eine Zeit ohne Krieg, Kinder finden immer ihren Weg, Kinder zu sein und sich weiterzuentwickeln. „Im Lauf des Lebens wird man euch oft Ratschläge geben. Ihr müsst alle hören, aber nicht alles machen. Die Entscheidung liegt bei euch“, sagt Donya Pentetska, in Form eines Lebensmottos, das sie an junge Menschen weitergeben möchte. Und lächelt ihr wunderbar offenes Lächeln.
Die Interviews führten Alina Grap, Sümeyye Savaş und Sophie Stroh